29 September 2014

Kommentar Marius Hummitzsch: Ein Mangel an Empathie

Achtung: wer beabsichtigt ist, diesen Kommentar zu lesen, sollte sich ganz besonders bewusst sein, dass es sich hier um einen Kommentar von mir als leidenschaftlichem Fußballer und insbesondere Trainer im Landkreis Mansfeld-Südharz handelt, der an dieser Stelle NICHT stellvertretend für den Verein SK United steht.

Für die, die weiterlesen wollen: Ich möchte ausgehen von einer exemplarischen Szene gestern bei unserem Punktspiel in Bornstedt, danach aber zu einer mich allgemein beschäftigenden Problematik übergehen - fernab der Vereinsfarben.

Situation: 86. Minute. Ein Spieler von uns wird auf Höhe der Mittellinie gefoult - kein böses Foul, aber ein klares Foul. In einem Spiel, in dem es zu diesem Zeitpunkt 4:1 für Bornstedt gegen den Tabellenletzten steht, man vor dem Spiel auf unseren Wunsch eine Trauerminute einlegte und auch mit Trauerflor auflief sowie sich einer unserer Spieler nach einem unnötig harten Foul im Mittelfeld das Schien-und Wadenbein gebrochen hat, halten es Ersatzspieler und Funktionäre(!) der Heimmanschaft für nötig, den Gefoulten zu beschimpfen und beleidigen. Auf meinen Appell, diese unangebrachte Provokation einzustellen "Was soll das?", folgt als einzige Reaktion der Kommentar "Du bist doch auch einer der arroganten Typen, die mal beim VfB Sangerhausen waren."

(Ich weiß zwar bis heute nicht, warum Woche für Woche unsere gesamte Mannschaft als arrogant und überheblich abgestempelt wird, nur weil viele vor längst vergangener Zeit tatsächlich dort im Jugendbereich gespielt haben. Die Gleichung VfB = alle arrogant und überheblich macht zumindest in meinen Augen überhaupt keinen Sinn und sollte vielleicht auch mal kritisch hinterfragt werden. Ich zumindest kann für meine Jungs garantieren, dass sie über weite Teile Demut empfinden. Das ist aber eine andere Baustelle.)

Worum es vielmehr in diesem Kommentar gehen soll: Ist es wirklich nötig, sich zu solchen völlig unangebrachten Aktionen hinreißen zu lassen? Muss der Fußballplatz tatsächlich als Ort dienen, an dem man seinem Frust u. Ä. freien Lauf lässt und sonstige Grundwerte wie Respekt und Anerkennung begräbt? Ich meine nein!

Es geht mir hier ausdrücklich nicht darum, so zu tun, als ob die Fußballplätze in Mansfeld-Südharz gänzlich zu sittenlosen Sportplätzen verkommen sind oder dass der Fußball von wesentlichen Bestandteilen wie Leidenschaft, Emotion und durchaus auch physicher und psychischer Präsenz frei sein sollte (wer mich kennt, der weiß das). Vielmehr gibt es auch immer wieder unglaublich positive vereinsübergreifende Gesten, doch leider stimmt mich die Tendenz nachdenklich. Warum muss man sich zu Aktionen dieser Art hinreißen lassen? Ich habe das Gefühl, dass hier ein Teil an Empathie, das heißt vor allem Einfühlungsvermögen, für den gegenüber (und dazu zählen auch ausdrücklich die Schiedsrichter als mit Respekt zu behandelnde Personen!) schlichtweg verloren gegangen ist. Mich treibt es um, dass dies zu einem Dauerzustand mutiert, der letztlich wie ein Magnet dem Amateursport sein Wesen aussaugt - den sportlichen und fairen Wettkampf zwischen unterschiedlichen Vereinen. Jeder für sich hat genug Probleme, Sorgen usw. im Alltag. Warum also vergessen, dass man einen gegenüber hat, dem es aller Wahrscheinlichkeit nach oftmals nicht besser geht und der auch bloß seine Freude und Abwechslung im Sport sucht?

Was ich mir persönlich wünsche: Der Fußballplatz ist keine Kuschelzone. Das soll und wird auch so bleiben. Wir sollten aber nicht der Verführung erliegen, ihn im Wettkampf als respektfreien Ort zu betrachten. Das betrifft das Verhalten auf und neben dem Platz. Hierfür muss jeder zunächst an sich selbst und der eigenen Mannschaft arbeiten. Bei aller Entschlossenheit, Zählbares mitzunehmen, sollte man vielleicht immer mal innehalten und sich lieber selbst regulieren, als zu dummen Aktionen hinreißen zu lassen. Schließlich erwarten wir alle, dass dieser Respekt auch einem selbst im Fußball und fernab des Fußballs entgegenbracht wird. Dazu gehört eine Menge Arbeit, doch diese kann sich lohnen und man kann sich viel öfter nach den Spielen in die Augen schauen und aufrichtig die letztlich entscheidende sportliche Leistung des Gegners honorieren. Ich jedenfalls will daran arbeiten und verlange das auch von meinen Spielern - des Fußballs und der Menschen wegen.

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